Fledermäuse

Batmans kleiner Bruder schläft im Untertaunus

Von Hans-Jörg Freiling, NABU Gruppe Untertaunus

Braunes Langohr - Foto: H.-J. Freiling / NABU Untertaunus
Braunes Langohr - Foto: H.-J. Freiling / NABU Untertaunus

Sie haben sicher schon mal in den wärmeren Jahreszeiten Fledermäuse fliegen sehen, entweder in der freien Natur oder auch mitten in der Stadt, wo sie nachts gerne die von den leuchtenden Laternen in die Irre geführten Insekten fangen. Dank ihres Ultraschall-Ortungssystems und ihres ausgezeichnet guten Gehörs sind die flinken Flieger aber beim Beutefang nicht auf eine Beleuchtung angewiesen. So kann eine einzelne Fledermaus mehrere Tausend Mücken pro Nacht vertilgen.

 

Fledermäuse gibt es bereits seit über 50 Millionen Jahren, auch in der weltbekannten Fossilfundstätte der Grube Messel bei Darmstadt können sie neben den Urpferdchen gefunden werden. Zu den Mäusen, also Nagetieren, gehören die Fledermäuse allerdings nicht; sie sind hingegen die einzigen Säugetiere, die aktiv fliegen können.

 

Alle bei uns heimischen Fledermäuse, von denen in Hessen rund 20 Arten beobachtet werden können, sind reine Insektenfresser und gesetzlich streng geschützt. Gefährdet sind sie besonders durch den – menschgemachten – Rückgang der Insekten, der sich in den vergangenen Jahren leider ganz erheblich verstärkt hat. Auch Sanierungs- und Isolierungsmaßnahmen an Gebäuden, in denen einige Arten den Sommer verbringen und auch ihre Jungen aufziehen, können problematisch sein, wenn dadurch geeignete Quartiere verschlossen werden.

 

Wie jeder von Ihnen weiß sind im Winter so gut wie keine Insekten mehr zu entdecken. Daran haben sich unsere Fledermäuse in ihrer langen Entwicklungsgeschichte angepasst: Sie suchen sich für die Kälteperiode einen Unterschlupf und halten dort Winterschlaf, bei dem der Stoffwechsel der meist nur wenige Gramm schweren Tiere in einen Energiesparmodus versetzt wird. Dadurch können sie einige Monate ohne Nahrung überstehen, sofern sie nicht durch Störungen aufgeweckt werden. Das Aufwachen aus dem Tiefschlaf erfordert einen sehr hohen Energieaufwand; mehrfache Störungen werden dann schnell lebensbedrohlich, weil dadurch die Reserven aufgezehrt werden.

 

Die verschiedenen Fledermausarten haben bei der Wahl ihres Winterquartiers auch unterschiedliche Ansprüche und Präferenzen. Manche überwintern in frostfreien Baumhöhlen, andere in Gebäuden, Felsspalten oder Bergwerksstollen. Wichtig ist dabei stets eine konstant niedrige Temperatur und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Passende Winterquartiere können über Jahrzehnte genutzt werden und werden von den selben Tieren Jahr für Jahr wieder aufgesucht. Im Idealfall können Fledermäuse immerhin über 20 oder gar 30 Jahre alt werden.

 

Um die Bestandsentwicklung der Fledermäuse beurteilen zu können, werden die im Untertaunus überwinternden Tiere in ausgewählten Quartieren seit etlichen Jahren von Mitgliedern des Naturschutzbundes (NABU) Untertaunus, des Hess. Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung und der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Hessen gesucht, bestimmt und gezählt, wofür eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vorliegen muss.

 

Besonders geeignet sind die alten Bergwerke, in denen besonders zwischen Bad Schwalbach und Lorch bis vor rund 50 Jahren Dachschiefer gewonnen wurde. Dort gibt es eine Vielzahl dieser Stollen, die Längen von wenigen Metern bis zu mehreren hundert Metern aufweisen. Die kürzeren davon werden z.B. wegen der Gefahr durch stärkere Temperaturwechsel und Fressfeinde kaum zur Überwinterung genutzt, in den längeren Stollen hingegen sind die Bedingungen günstiger.

 

Etliche dieser Stolleneingänge wurden mit erheblichem körperlichem und finanziellem Einsatz und oft ehrenamtlich durch massive Stahltore verschlossen, so dass Fledermäuse dort ungestört überwintern können. Doch auch falls Sie auf einen unverschlossenen Stollen treffen sollten, vermeiden Sie es bitte, in diesen hinein zu gehen, denn einerseits ist auch in diesen mit ruhenden Fledermäusen zu rechnen und andererseits hat sich das Gestein in den offenen Hohlräumen im Lauf der Zeit häufig so stark gelockert, das jederzeit zentnerschwere Platten und Blöcke herabstürzen können – es besteht dort akute Lebensgefahr!

 

Ohne die richtige Ausrüstung kommen die Bestimmungs-Teams nicht weit, vor allem Helme und starke Lampen sind wichtig, oft aber auch brusthohe Wathosen, denn viele der Stollen stehen tief unter Wasser, auch wenn sie weit oben am Berg liegen. Andere Stollen wiederum können nur auf allen Vieren krabbelnd untersucht werden.

 

Aber was ist denn nun in den Fledermaus-Stollen zu finden? Vielleicht hat der eine oder andere Leser schon einmal Filmaufnahmen aus tropischen Gegenden gesehen, bei den zig Tausende oder gar Millionen Fledertiere aus Höhlensystemen ausfliegen. Damit ist bei uns natürlich nicht zu rechnen.

 

Am häufigsten (über 50 %) – und auch am einfachsten - ist das "Große Mausohr" zu finden, welches auch die Art mit der größten Spannweite von ca. 40 cm ist. Die Mausohren hängen meist frei an der Stollenwand oder –decke, einzeln oder auch gerne eng aneinander gekuschelt in größeren Gruppen. Einige Mausohren tragen am Arm einen Ring mit einer Nummer, über die eine Identifizierung möglich ist. So ist "X 85040" im Jahr 2010 in Mörfelden beringt worden und ist seitdem fast in jedem Winter im gleichen Stollen schlafend angetroffen worden, zuletzt Anfang Februar 2018.

 

Die "Bartfledermaus" – von der es eine kleine und eine große Variante gibt - ist mit rund 15 % der Gesamtzahl vertreten. Sie ist erheblich kleiner und leichter als das Mausohr und auch oft viel schwerer zu finden, da sie sich gerne in engsten Spalten versteckt und dunkel gefärbt ist.

 

Die übrigen Arten sind mit jeweils weniger als 5 % oder nur als Einzeltiere zu finden. Die "Fransenfledermaus" ist etwas größer und heller als die Bartfledermaus; auch sie versteckt sich manchmal in den Felsspalten.

 

An ihren relativ großen Füßchen ist die "Wasserfledermaus" zu erkennen. Sie jagt vorzugsweise direkt über der Oberfläche von Seen und Teichen nach Wasserinsekten, aber auch kleine Fische kann sie dank ihrer krallenbewehrten Füße fangen.

 

Die Charakterart der Taunuswälder – die "Bechsteinfledermaus" – erscheint fast wie eine verkleinerte Version des Mausohrs, hat aber im Verhältnis deutlich längere Ohren.

 

Noch länger sind die Ohren der Arten "Braunes Langohr" und "Graues Langohr", die beim Winterschlaf unter die Flügel gefaltet werden. Erstere Art jagt in der offenen Landschaft, die zweite vor allem im Wald. Wie ein Kolibri können sie im Flug an einer Stelle verharren.

 

Eher selten in Stollen, dafür aber in den z.T. offenen Mauerfugen von alten Bahntunneln ist die "Zwergfledermaus" zu entdecken, die ihren Namen nicht ohne Grund trägt: In einer geschlossenen Streichholzschachtel hätte sie noch reichlich Platz. Während des Sommers ist sie die am häufigsten zu beobachtende Art und wohnt dann gerne gruppenweise für einige Tage unter Ihrem Dach.

 

Das Bestimmen der schlafenden Fledermäuse ist nicht immer ganz einfach, denn man geht meist nur nach äußerlich erkennbaren Merkmalen vor, ohne die zusammengefalteten Tiere zu berühren und dadurch aufzuwecken. Auch zu langes Anleuchten stört, sogar Anatmen und der Temperaturanstieg durch die aufsteigende Körperwärme von Personen kann zum Aufwachen führen, laute Geräusche sind ebenfalls zu vermeiden.

 

Einige Arten sehen sich recht ähnlich, die Fellfarben sind manchmal durch einen dichten Tau-Überzug kaum zu erkennen oder sie hängen so hoch, dass ein Fernglas oder ein Kamera-Zoom benötigt wird – so werden immer wieder neue Rätsel gestellt.

 

Es gibt außer den Fledermäusen aber noch viele weiter Tiere, die in den Stollen überwintern oder als reine Höhlenbewohner ständig dort leben, wie z.B. die Große Höhlenspinne oder der Höhlenflohkrebs. In überfluteten Eingangsbereichen der Stollen entdeckt man häufig die Jugendstadien der Feuersalamander, die im Gegensatz zu den erwachsenen Tieren äußere Kiemenbüschel zum Atmen unter Wasser besitzen.

 

Weiter im Inneren hängen Schmetterlinge wie die Zackeneule und der Wegdornspanner, auch Füchse suchen sich an trockenen Stellen gerne mal ein Versteck – dies verrät einem meist schon die eigene Nase…

 


Fledermaus Hotline

Wenn Sie im Sommer mal auf eine verletzte oder geschwächte Fledermaus treffen, so packen Sie sie bitte erstmal in einen (Schuh-)Karton, den Sie z.B. mit einem Stück Küchenkrepp ausgelegt haben. Für weitere Unterstützung können Sie dann die Fledermaus-Hotline des NABU unter 030-284984-5000 anrufen oder Informationen im Internet unter https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse erhalten.

 


Bildergalerie - Fledermäuse

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